Stickerei
Sticken
ist eine textile Technik, bei der ein Trägermaterial (Stoff, Leder,
Papier) mittels Durchziehen oder Aufnähen von Fäden verziert wird. Es
gibt eine Vielzahl von Sticktechniken.
Eine Sonderform ist die Federkielstickerei.
Bestickter Stoff mit dem Alphabet aus dem 19. Jahrhundert
Geschichte der Stickerei
Von
den Chinesen von alters her gepflegt, war die Stickerei auch den alten
Indern und Ägyptern bekannt. Diese gingen in ihren verzierenden
Zeichnungen noch nicht über geometrische Figuren hinaus, wogegen die
Assyrer zuerst Tier- und Menschengestalten auf ihren glatt
anschließenden Kleidern und Vorhängen zur Darstellung brachten. Von
ihnen lernten die Griechen und von diesen die Römer, welche die
Stickerei phrygische Arbeit nannten. Im Mittelalter wurde sie in den
Klöstern im Dienste des Kultus für geistliche Gewänder und
Altarbekleidung (Paramente) gepflegt.
Ihre Arbeiten wurden vom
11. Jahrhundert an von arabischen Kunstanstalten übertroffen. Seltene
Beispiele, wie ein deutscher Kaiserkrönungsmantel, zeugen noch heute
von der Höhe der damaligen Stickereikunst. Mit der geistigen Bildung
kam auch die Kunst des Stickens in weltliche Hände. Erst in England,
später aber in Burgund erreichte sie im 14. Jahrhundert die höchste
Ausbildung und ist seitdem langsam bis auf unsre Zeit ganz in Verfall
geraten, wo auch sie an der allgemeinen Hebung des Kunstgewerbes ihren
Anteil erhielt und jetzt eine verständnisvolle Pflege, zum Teil durch
größere Ateliers (Bessert-Nettelbeck in Berlin), findet.
Die
Stickerei verziert nicht nur, sondern sie bedeckt oft den ihr zu Grunde
gelegten Stoff ganz; man könnte danach Weiß- und Buntstickerei
unterscheiden, wenngleich auch bei der letzteren zuweilen der Grund
frei stehen bleibt.
Buntstickerei
Die
Buntstickerei kann entweder auf einen dichten Grund, auf Leinwand,
Tuch, Seide, Leder, oder auf einen eigens dazu gefertigten, siebartig
durchlöcherten Stoff, Kanevas, aus Hanf, Leinen, Baumwolle, auch Seide
aufgesetzt sein. Auf Kanevas werden hauptsächlich der gewöhnliche
Kreuzstich und seine Abarten (Gobelinstich, Webstich) ausgeführt sowie
der sehr feine Petitpoint-Stich, welcher sehr zarte, mosaikartige
Bildnerei ermöglicht. Weniger mühsam als der letztere, aber besser als
der Kreuzstich zur figürlichen Darstellung geeignet ist der Plattstich,
mit dem die mittelalterlichen Arbeiten fast durchgängig auf dichtem
Grund gefertigt sind. Während der Petitpoint-Stich nur mit Seidenfäden
hergestellt wird, verwendet man für die anderen Sticharten gewöhnlich
gefärbte Wolle, wenn auch bei ihnen Seide, Goldfäden und sogar
zeitweise mit eingenähte Perlen nicht ausgeschlossen sind. Andre Arten
der Stickerei sind: der Kettenstich, bei welchem jeder Stich doppelt
gemacht wird, indem der Faden von unten nach oben und durch dasselbe
Loch wieder zurückgeht, so eine Schleife bildend, durch welche er,
nachdem er durch ein neues Loch wieder nach oben gekommen, gezogen
wird; der Steppstich, bei welchem auf der unteren Seite des Stoffes ein
langer Stich gemacht wird, auf der oberen Seite um die Hälfte der
Ausdehnung desselben wieder zurückgegriffen wird, so dass auf der
unteren Seite jeder Stich doppelt so lang ist wie oben; in umgekehrter
Anwendung entsteht der Stielstich. Noch andre Arten des Stichs
(Flechtenstich, Doppelstich, Gitterstich, maurischer, spanischer Stich)
sind bei Lipperheide, Muster altitalienischer Leinenstickerei (Berl.
1881-85, 2 Bde.), beschrieben.
Die Art der im Mittelalter
hochberühmten Goldstickerei, die so wunderbare Wirkung hervorbrachte,
wie man sie noch an den in Wien aufbewahrten so genannten burgundischen
Gewändern (Kaseln) aus dem 15. Jahrhundert sieht, ist technisch sehr
von der unsrigen verschieden. Während jetzt die Goldfäden wie andre
Fäden behandelt werden, legte man sie früher parallel nebeneinander und
nähte sie mit Überfangstichen fest. Auf den so erst gebildeten Grund
wurde nun mit Plattstich die eigentliche Stickerei gesetzt, durch
welche das Gold hindurchschimmerte (Reliefstickerei). Die heutige Gold-
und Silber-Kannetillestickerei nähert sich schon der Perlenstickerei.
Dieses reihenweise Aufnähen billiger Glasperlen hat dadurch, dass es
den Grundstoff schwer und unbiegsam macht, viel zum Verfall der Kunst
beigetragen. Für den künstlerischen Wert ist allemal die Vorzeichnung
des Musters wichtig, die jetzt selten die Erfindung des Verfertigers
einer Stickerei ist. Die Herstellung der Muster ist dagegen zum
besondern Industriezweig der Dessinateure oder Musterzeichner geworden.
Eine eigne Art der Stickerei ist noch das Tamburieren, das nicht mit
der Nähnadel, sondern mit dem Häkelhaken geschieht, wie auf den
Handrücken feiner Glaceehandschuhe. Ferner werden jetzt feine
Lederwaren, namentlich in Amerika, sehr zart durch auf der Nähmaschine
hergestellten Steppstich verziert.
Weißstickerei
Die
Weißstickerei, abgesehen von der Namenstickerei, dem Zeichnen der
Wäsche, beschränkt sich auf Verzierung der Wäsche und des Tischzeugs in
Leinwand oder Baumwolle (deshalb auch Leinenstickerei genannt). In der
so genannten französischen Weißstickerei herrscht mehr der Plattstich,
in der englischen der durchbrochene Arbeit liefernde Bindlochstich vor;
doch kommen bei beiden noch der Languettenstich und verschiedene
Phantasiestiche zur Anwendung. Die venezianische Weißstickerei, bei der
stellenweise der Grund nach der Arbeit entfernt wird, so dass die
durchbrochenen Stellen durch feine Fadenverschlingungen gefüllt werden,
streift schon nahe an die Spitzennäherei. Die Weißstickerei ist im
westlichen Europa mehr Sache der Industrie; in Deutschland wird sie im
sächsischen Vogtland, namentlich in Plauen (Vorläufer der Plauener
Spitze), und den angrenzenden Gegenden des Erzgebirges und des in
Bayern gelegenen Oberfranken und zwar in ausgedehntester Weise mit
Stickmaschinen (siehe dort) betrieben. Die traditionelle Form dieser
aufwändigen Handarbeit wird in Deutschland auch heute noch im Bereich
der Schwalm in Nordhessen betrieben. Das Zentrum der deutschen
Maschinenstickerei ist seit 1890 die Stadt Plauen und Umgebung, welche
durch die Plauener Spitze bekannt wurde.
Techniken
Kreuzstich
Bei
dieser Technik werden kleine Kreuze auf einen zählbaren Stoff gestickt.
Dabei wird zuerst ein schräger Stich gemacht, dann darüber ein zweiter
in einem Winkel von 90 Grad dazu. Stickt man mehrere Kreuze in einer
Reihe, so stickt man zuerst alle unteren Stiche nebeneinander und dann
die oberen Stiche in einer Rückreihe darüber.
Für diese Technik ist es sinnvoll, einen Stoff zu benutzen, der grob gewebt ist und zählbare Fäden aufweist.
Bargello
Florentiner Stickerei
Kelim
Der
Kelimstich und seine Abwandlung, der Stengelstich, bilden Muster, die
wie gestrickt aussehen. Das Kelimstichmuster weist waagerechte Rippen
auf; die vom Stengelstich sind senkrecht. Beide Muster setzen sich aus
Reihen diagonaler Stiche zusammen, wobei in jeder zweiten Reihe die
Stiche entgegengesetzt verlaufen. Beim Stengelstich werden zwischen den
Kelimstichreihen Rückstiche gearbeitet. Beide Stiche eignen sich für
große und kleine Musterbereiche.
Gobelin
Die
Gobelinstickerei ist ein Imitat der Bildwirkerei. Im Gegensatz zur
Wirktechnik, die Farbflächen durch Einlegen verschiedenfarbiger
Schussfäden in die gespannten Kettfäden entstehen lässt, werden beim
Gobelin-Sticken die Fadenkreuze des Trägermaterials mit farbigem
Stickgarn diagonal überstickt. Der Charakter des Bildes wird bestimmt
durch das geschickte stichweise Zusammensetzen mit wenigen Farbtönen.
Für Wandbilder, für Kissen und andere dekorative Handarbeiten wird in
der Regel spezielles Stramingewebe mit Tapisserie-Stickgarn aus reiner
Schurwolle bestickt. Im Fachhandel gibt es speziell zusammengestellte
Stickpackungen, die sowohl den Stramin, auf dem das Bildmotiv bereits
aufgedruckt sein kann, als auch das Stickgarn enthalten. Gobelin-Stich:
Mit der sehr einfachen, auch halber Kreuzstich genannten, Sticktechnik
wird das Motivfeld auf dem Trägermaterial vollständig bestickt, mit
immer in der gleichen Richtung verlaufenden diagonalen Überspannungen
der Fadenkreuze. Die Qualität der fertigen Handarbeit zeigt sich in der
Gleichmäßigkeit der Stiche, die das Trägermaterial vollständig
überdecken.
Nadelmalerei
Man
spricht von Nadelmalerei, wenn Farbübergänge bei den Darstellungen
erzeugt werden, die an gemalte Bilder erinnern. Viele Flachstiche
werden dicht nebeneinander und teilweise ineinander gesetzt und
erzeugen mit farblich abgestuften Stickfäden Farbübergänge und damit
vor allem Schattierungen.
Ajour-Stickerei
Unter
Ajourstickerei versteht man eine Stickerei, bei der mit einem Faden
locker gewebte Stofffäden zusammengezogen werden, dabei entstehen
Durchbrüche. Die Ränder müssen nicht versäubert werden, da die
Durchbrüche nur durch das Zusammenziehen der Fäden erreicht werden. Mit
unterschiedlichen Stichvariation erreicht man unterschiedliche Arten
von Durchbrüchen, die dann noch mit weiteren Spitzenstichen gefüllt
werden können. Berühmte Beispiele dieser Stickerei waren die Dresdner
Spitze und die Ayrshire Stickerei aus Schottland.
Klassische Stickereien wurden nur in Weiß gestickt.
Richelieu
Richelieu
ist eine Stickerei, mit der man durch schöne Kanten und Löcher
wunderbare Muster gestalten kann. Dabei wird mit Festonstich (auch
Languetten- oder Schlingstich genannt) die Kantenlinie oder der
Lochrand dick nachgestickt. Daraufhin kann der Stoff unter der Kante
des Festonstichs an der Außenkante oder im Loch vorsichtig
weggeschnitten werden. Diese Stickerei wurde nach Kardinal Richelieu
genannt, der sie als billigeren Ersatz für die aufwändige Nadelspitze
einführen ließ.
Hardanger
Hardanger-Sticktechnik ist eine spezielle Durchbruchsticktechnik
Sashiko
Japanische Verziertechnik, Hauptartikel: Sashiko
Quillarbeit
Quillarbeit ist eine von Indianern benutzte Verziertechnik
Hilfsmittel
Garn
Zum
Sticken benutzt man spezielle Garne. Die gebräuchlisten sind Sticktwist
und Perlgarn. Sticktwist ist 6fädig und lässt sich für feine
Stickereien auch in dünnere Stränge zerteilen. Perlgarn ist unteilbar,
dafür ist es glänzend und hat eine glattere Oberfläche. Aber auch
andere Materialien kann man versticken, zum Beispiel Seidenfäden, Wolle
oder Nähgarn.
Nadeln
Nadeln
sind das wichtigste und elementarste Arbeitswerkzeug zum Nähen und
Sticken. Eine Näh- bzw. Sticknadel ist im allgemeinen ein speziell
geformter Metallstift mit einem Öhr oder einem eingearbeiteten Haken,
mit dem Flächengebilde durchstochen werden können. Die Nadeln sind mit
einer oder mit zwei Spitze(n) versehen. Durch das Öhr wird der Näh-
bzw. Stickfaden, auch als Nadelfaden bezeichnet, gezogen / gefädelt .
Durch den Haken der Hakennadel (Nadel für Kurbel- und
Kettenstichmaschinen) kann nach dem Durchstechen des Nähgutes bzw. des
Stickbodens eine Fadenschlaufe erfasst werden und so eine Stichbildung
erfolgen.
Beschaffenheit
Nadeln
für das Handnähen und -sticken sind länglich dünne gerade oder gebogene
Metallstifte, die an einem der Enden in einer Spitze auslaufen und am
anderen Ende ein Öhr aufweisen. Es gibt sie
* mit runder Spitze für zählbare Gewebe(Aida, Stramin ect.) und
* mit spitzer Spitze für feinfädigere Stoffe.
Außerdem
gibt es verschiedene Größen. Je feinfädriger der Stoff, desto dünner
sollte auch die verwendete Nadel sein. Der Nadeldurchmesser, die Länge
der Nadel und das Öhr (Größe und Form) sind für den Einsatz als Näh-
oder Sticknadel und für den zu verarbeitenden Faden unterschiedlich
gestaltet. Sticknadeln sind meist kürzer und weisen ein längeres und
größeres Öhr auf.
Die einspitzige Näh- und Sticknadel war Jahrhunderte lang das wichtigste Werkzeug für das Nähen und Sticken.
Maschinennadeln
Näh-
und Stickmaschinennadeln sind öhrspitzige Nadeln, d.h. das Öhr befindet
sich im Bereich der Nadelspitze. Da Näh- oder Stickfäden bei den
Maschinennadeln bei jedem Stich durch das Öhr gleiten haben die Öhre
eine besondere Form. Sie müssen so ausgebildet sein, dass die zu
verarbeitenden Nadelfäden nicht beschädigt und das bei einer hohen
Anzahl von Stichen pro Zeiteinheit Fadenbrüche vermieden werden.
Unterscheidung
Es werden fünf Grundtypen von Nadeln unterschieden:
* Einspitzige Näh- bzw. Sticknadeln für Handarbeit mit dem Öhr im Schaft der Nadel,
* zweispitzige Nadeln für Handstickmaschinen mit dem Öhr in der Mitte der Nadel,
* öhrspitzige Nadeln für Näh- und Stickmaschinen,
* Hakennadeln für Kettenstich- bzw. Kurbelstickmaschinen,
* Nadeln für Sonderstickmaschinen z.B, für Orientstickmaschinen, Tuftingmaschine usw.
Die
Nadeln für Stickmaschinen werden heute in einer Vielzahl von
Spezialausführungen hinsichtlich Form und Ausbildung des Öhrs, der
Spitze, Oberfläche, des Material usw. heute angeboten. Für das
Einfädeln des Nadelfadens in das Öhr währende des Laufs der
Schiffchenstickmaschine — Gangfädeln — und auch bei Stillstand der
Maschine werden Fädelhaken, auch Fädelhäkchen genannt verwendet.
Stoff
Je
nach der angewandten Technik gibt es verschiedene Stoffe, die sich zum
Sticken eignen. Für Kreuzstich sollte der Stoff zählbar sein, für
Nadelmalerei ist dies dagegen nicht nötig. Zählbare Stoffe sind unter
anderem Aida-Stoff, Stramin oder Leinen. Ungeeignet für jede Art von
Stickerei sind dagegen Stretchstoffe.
Stickrahmen
Um
den Stoff durch die Stickerei nicht zusammenzuziehen und um
Verzerrungen im Muster zu vermeiden, spannt man den Stoff straff in
einen Stickrahmen. Diese sind in der Regel rund und bestehen aus einem
inneren und einem äußeren Ring, zwischen die der Stoff gelegt wird.
Schwere
Stoffe, oder Stoffe, die z.B. eine Goldstickerei erhalten, benötigen
einen eckigen Rahmen, der aus einem Holm und zwei gelochten Latten
besteht. Der Stoff muss als Rechteck an den Holmen festgenäht werden,
evtl. auf die Holme aufgerollt werden und anschließend mit den
gelochten Latten, die durch die Holme geführt werden, gespannt. So
lassen sich auch großformatige Stickereien sehr gut verzerrfrei
realisieren.
Sichthilfen
Gerade
für feine Stickerei ist es hilfreich, eine an einem schwenkbaren Arm
befestigte Lupe zu benutzen. Solche Lupen gibt es auch mit integrierter
Lampe.
Stickmuster
* Diese Seite wurde zuletzt am 16. Januar 2009 um 14:47 Uhr geändert.
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